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Aktuelle News zu ME/CFS und unseren Aktivitäten

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Informationen zu den Erkrankungen ME/CFS, Long-COVID, post-COVID

ME/CFS (Myalgische Enzephalomyelitis / Chronic Fatigue Syndrom) ist eine komplexe, schwere Erkrankung des Nerven- und Immunsystems. ME/CFS entsteht überwiegend post-infektiös, auch als Folge von COVID-19. Es ist die schwerste Form des Post-COVID-Syndroms. ME/CFS-Erkrankte haben ausgeprägte körperliche und kognitive Symptome, eine sehr niedrige Lebensqualität und oft einen hohen Grad der Behinderung. 60-75% aller Erkrankten sind arbeitsunfähig, viele davon sind an Haus oder Bett gebunden. Leitsymptom ist eine schwere Belastungsintoleranz mit Symptomverschlechterung nach Alltagsaktivitäten (post-exertionelle Malaise = PEM).

Die Diagnose von ME/CFS ist mangels spezifischer Biomarker aufwendig (v.a. die fachbereichsübergreifende Ausschlussdiagnostik) und es gibt bisher keine ursächliche Therapie. Die Versorgungslage ist derzeit ungenügend. Fehldiagnosen und Folgeschäden sind nicht selten. Erwachsene mit ME/CFS haben derzeit kaum Aussicht auf Besserung und Wiedereingliederung ins Berufsleben. Für Kinder und Jugendliche gilt die Prognose als besser. Lange Schulfehlzeiten sind die Regel. Für die meisten Betroffenen ist eine Teilhabe am normalen Leben mit Beruf, Ausbildung, Freunden, Sport, Musik etc. nicht möglich.

Die hohe Zahl der Betroffenen ist für alle Bereiche der medizinischen und psychosozialen Versorgung sowie auch ökonomisch, durch den krankheitsbedingten Entfall von Ausbildung und Arbeitskraft, ein zunehmend kritischer Faktor.

Quellen:

1. Alle Aussagen aus der Stellungnahme von Prof. C. Scheibenbogen und Prof. U. Behrends im Rahmen der Anhörung zu ME/CFS im Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestags (April 2023): https://www.bundestag.de/ausschuesse/a14_gesundheit/oeffentliche_anhoerungen/936116-936116. Direkt zum Download der Stellungnahme hier.

2. Zur Aussage „Die Lebensqualität von ME/CFS-Erkrankten ist im Durchschnitt niedriger als die von Multiple Sklerose-, Schlaganfall- oder Lungenkrebspatient:innen“: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/26147503/

3. zur Aussage „60% bis 73% der der Betroffenen sind arbeitsunfähig“: 
– Schätzung 60% (2014): https://www.researchgate.net/publication/273311381_Chronic_fatigue_syndrome_and_co-morbid_and_consequent_conditions_evidence_from_a_multi-site_clinical_epidemiology_study
– Schätzung 73% (2017): https://academic.oup.com/aje/article/185/8/617/3073694

4. zur Aussage „25% der Betroffenen können das Haus nicht mehr verlassen, viele sind bettlägerig und pflegebedürftig“: 
– Studie (2015): https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/25695122/ 
– Studie (2016): https://journals.sagepub.com/doi/10.1177/1742395316644770

In Deutschland waren in 2021 über 500.000 Menschen von ME/CFS betroffen (Quelle 1). Darunter sind ca. 65.000 Kinder und Jugendliche. International sind über 34 Mio. Menschen an ME/CFS erkrankt (Quelle 2). In Folge der Pandemie rechnet man aktuell mit über 600.000 Betroffenen in Deutschland, da ein Teil der von Long COVID Betroffenen ebenfalls ME/CFS entwickelt. 60-75% aller Erkrankten sind arbeitsunfähig, viele davon sind an Haus oder Bett gebunden.

Quellen:

1: Stellungnahme der Kassenärztlichen Vereinigung im Rahmen der ME/CFS Anhörung im Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestags Bundestags (April 2023): https://www.bundestag.de/resource/blob/943000/60468062de2e557ef6436afb4e5c9173/20_14_0095-5-_Kassenaerztliche-Bundesvereinigung_ME-CFS_nicht-barrierefrei-data.pdf

2: Hochrechnung anhand der Zahl von 500.000 Betroffenen (Deutschland) und diverser internationaler Schätzungen, die vor der Pandemie von 17 Mio. ME/CFS Betroffenen ausgegangen sind.

ME/CFS gehört zu den Krankheiten mit der niedrigsten Lebensqualität überhaupt. Teilweise niedriger als bei Patienten nach einem Schlaganfall, mit einer Herzinsuffizienz oder Krebserkrankung. Verschiedene Studien haben bei Betroffenen von ME/CFS die niedrigsten Vitalitäts- und Funktionalitätswerte aller chronischen Erkrankungen gemessen (Quelle 1). Erwachsene mit ME/CFS haben derzeit kaum Aussicht auf Besserung und Wiedereingliederung ins Berufsleben. Für Kinder und Jugendliche gilt die Prognose als besser. Lange Schulfehlzeiten sind die Regel. Für die meisten Betroffenen ist eine Teilhabe am normalen Leben mit Beruf, Ausbildung, Freunden, Sport, Musik etc. nicht möglich (Quelle 2, auch für folgende Aussagen).

Die Krankheit ME/CFS wurde zwar 1969 von der WHO als neurologische Erkrankung in die Internationale Klassifikation der Krankheiten aufgenommen (ICD G93.3). Dennoch wurde über Jahrzehnte hinweg wenig zu diesem Thema geforscht. Vor allem die biomedizinische und klinische Forschung lag lange brach. Einen Grund für die geringe Forschung sehen Experten darin, dass international nur wenig staatliche Fördergelder für die Forschung in dem Bereich zur Verfügung standen. In Deutschland gab es bis 2020 keine offizielle Forschungsförderung für ME/CFS.

Zudem sind die meisten Ärzt:innen bis heute unzureichend ausgebildet, ME/CFS zu diagnostizieren und zu behandeln. Es fehlen Spezial-Ambulanzen (in Deutschland gibt es diese nur in Berlin und München). Die Diagnose- und Versorgungslage der Patienten ist sehr schlecht. Analog zu den Ärzten kennen auch die meisten medizinischen Gutachter ME/CFS nur unzureichend. Viele Verfahren berücksichtigen die Symptomatik von ME/CFS nicht ausreichend. Infolgedessen werden Betroffenen medizinische und soziale Leistungen vorenthalten oder enorm erschwert (z.B. Erstattung von Rollstühlen, Pflegeleistungen, Anerkennung des Grades der Behinderung, Frühverrentung, …). Versorgung, Pflege und soziale Leistungen lasten überwiegend auf Angehörigen, Familien und Freunden. Viele Familien und Partnerschaften zerbrechen an der Kombination von Überlastung, mangelnder Anerkennung und Perspektive. Häufigste Todesursache der ME/CFS Betroffenen ist Suizid aufgrund der Perspektivlosigkeit.

Quellen:

1: vgl. Grafik „ME/CFS – Lebensqualität“ und weitere Daten auf der Seite der Deutschen Gesellschaft für ME/CFS: https://www.mecfs.de/daten-fakten/

2: Stellungnahme von Prof. C. Scheibenbogen und Prof. U. Behrends im Rahmen der Anhörung zu ME/CFS im Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestags (April 2023): https://www.bundestag.de/ausschuesse/a14_gesundheit/oeffentliche_anhoerungen/936116-936116
Direkt zum Download der Stellungnahme hier.

Im Zusammenhang mit einer vorangegangenen SARS-CoV-2-Infektion sind verschiedene gesundheitliche Langzeitfolgen beobachtet worden, die unter dem Begriff „Long COVID“ zusammengefasst werden. Dabei handelt es sich um Gesundheitliche Beschwerden, die jenseits der akuten Krankheitsphase einer SARS-CoV-2-Infektion von 4 Wochen fortbestehen oder neu auftreten. Diese können unterschiedliche Organsysteme betreffen, unterschiedliche Beschwerden verursachen und auch unterschiedliche Ursachen haben.

Quelle: RKI – Coronavirus SARS-CoV-2 – Long COVID (Stand: 22.8.2023), https://www.rki.de/SharedDocs/FAQ/NCOV2019/FAQ_Liste_Gesundheitliche_Langzeitfolgen.html

Als Post COVID Syndrom werden Beschwerden bezeichnet, die noch mehr als 12 Wochen nach Beginn der SARS-CoV-2-Infektion vorhanden sind und nicht anderweitig erklärt werden können. Somit umfasst „Long COVID“ sowohl im Anschluss an eine akute COVID-19-Erkrankung 4 bis 12 Wochen nach Symptombeginn noch bestehende Symptome als auch das „Post COVID 19-Syndrom“.

In einer Studie aus Deutschland wird die Häufigkeit von Post-COVID-19 im Zeitraum von 6 bis 12 Monaten nach einer SARS-CoV-2-Infektion auf mindestens 6,5 % bei überwiegend nicht hospitalisierten Patientinnen und Patienten geschätzt. Analysen aus routinemäßig erhobenen ambulanten Daten der gesetzlichen Krankenversicherung gelangen in den vier Abrechnungsquartalen im Jahr 2022 mit 7 % bis 13 % zu etwa größenordnungsmäßig ähnlichen Einschätzungen der Häufigkeit eines Post-COVID-19-Zustands. Allerdings ist davon auszugehen, dass die Prävalenz von Long COVID auf Basis von Abrechnungsdaten der Sozialversicherungsträger insgesamt eher unterschätzt wird, da hier nicht alle Menschen mit Long COVID erfasst werden.

Quelle: RKI – Coronavirus SARS-CoV-2 – Long COVID (Stand: 22.8.2023), https://www.rki.de/SharedDocs/FAQ/NCOV2019/FAQ_Liste_Gesundheitliche_Langzeitfolgen.html

Informationen zur ME/CFS Research Foundation

Die ME/CFS Research Foundation fördert und finanziert den Auf- und Ausbau biomedizinischer Forschung zu den Krankheitsbildern ME/CFS (Myalgische Enzephalomyelitis/Chronisches Fatigue-Syndrom) und Long COVID. Damit möchte die gemeinnützige Gesellschaft bessere Diagnostik, Therapien und Versorgung möglich machen.

Aufgrund bisher unzureichender Forschung gibt es bis heute keine ursächliche Therapie. Und es fehlt allgemein an medizinischer Bekanntheit und Anerkennung dieser komplexen Multisystem-Erkrankungen, wodurch sie of falsch diagnostiziert und behandelt werden.

Unser Engagement fokussiert zunächst Deutschland und soll künftig europaweit wirken.

Die Prioritäten und geplanten Aktivitäten der Stiftung wurden in der Förderstrategie (Stand August 2023) veröffentlicht.

Spendengelder sinnvoll einsetzen

Mit Hilfe von Spendengeldern werden ausgewählte Forschungskapazitäten an universitären Einrichtungen ausgebaut und nachhaltig gefördert. Die Auswahl der zu fördernden Forschungsprojekte unterstützt ein Team aus internationalen Expert:innen, die den Wissenschaftlichen Beirat der ME/CFS Research Foundation bilden.

Aktuell wird ein Forschungsprojekt zu ME/CFS Biomarkern an der Charité gefördert. Weitere Projekte sind in Vorbereitung. Bereits 2022 wurden wichtige vorbereitende Arbeiten zu Studien am Charité Fatigue Centrum unterstützt. Diese Vorprojekte sind später in der vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) finanzierten Verbundforschung Nationale Klinische Studiengruppe (NKSG) aufgegangen. Diese erforscht die Wirkung von bereits zugelassenen Arzneimitteln und medizinischen Therapien bei ME/CFS und Post-COVID. 

Seit Gründung (Anfang 2022) bis Ende des Jahres 2023 konnten ca. 823.000 Euro Spenden akquiriert werden. Bisher wurde knapp die Hälfte der Spendensumme für direkte Projektförderung eingesetzt. Aktuell stehen 438.000 Euro (Stand Dezember 2023) für zukünftige Fördermassnahmen bereit. Kosten für administrative Aufgaben werden vollständig durch den Gründer und Geschäftsführer Jörg Heydecke finanziert.

Information bieten, Transparenz schaffen, Forscher vernetzen

Um den aktuellen Stand der Forschung zu erfassen und transparent zu machen, hat die Stiftung das ME/CFS Research Register (beta) aufgebaut. Es bietet einen Überblick der wichtigsten Forschungsarbeiten – von aktuellen Projekten über Publikationen und Arbeitsgruppen bis hin zu wissenschaftlichen Veranstaltungen wie z.B. Konferenzen. Diese Informationen dienen sowohl den Forschenden selbst als Hilfe zur Vernetzung als auch Mediziner:innen, Politiker:innen, Journalist:innen und Betroffenen als Recherche-Tool. Aktuell erfasst das Register zunächst den aktuellen Stand der ME/CFS-Forschung in Deutschland und Österreich (in englischer Sprache). ME/CFS Forschungsprojekte, Beteiligte, Publikationen, etc. aus weiteren Ländern werden in Zukunft nach und nach ergänzt.

Zusätzlich unterstützt die ME/CFS Research Foundation Konferenzen, Symposien und andere Formate für wissenschaftlichen Austausch und für die Information von Betroffenen und Öffentlichkeit über ME/CFS Forschung. Bisher wurden die internationale ME/CFS Fachkonferenz und das ME/CFS Symposium in Zusammenarbeit mit dem Charité Fatigue Centrum im Mai 2023 ausgerichtet und nachbereitet.

Weitere Details sind im 24 Monats-Rückblick der Stiftung (Stand Dez.23) erläutert. 

Die ME/CFS Research Foundation wurde von Jörg Heydecke (Angehöriger eines ME/CFS-Patienten, Unternehmer) Anfang 2022 gegründet. Inzwischen ist ein Team von Betroffenen, Angehörigen sowie engagierten Förderern für die Stiftung aktiv (siehe „Über uns„). Ein international besetzter wissenschaftlicher Beirat unterstützt die Stiftung, insbesondere bei der Forschungs-Förderstrategie. In Deutschland ist die Stiftung mit nahezu allen an ME/CFS Forschenden vernetzt und auch international bestehen gute Kontakte, unter anderem durch die ME/CFS Fachkonferenz an der Charité, und den Aufbau des ME/CFS Research Register.  Beides sind wichtige Projekte der Stiftung, die den wissenschaftlichen Austausch fördern. 

Wir arbeiten eng zusammen mit den Patient:innenorganisationen für ME/CFS und Long-COVID, die sich seit langem für eine Verbesserung der Situation engagieren. Und wir kooperieren mit anderen Stiftungen im Bereich ME/CFS Forschung.

Zu seiner Motivation sagt Jörg Heydecke: „Vor Mitte 2021 gab es keine öffentlichen Forschungsgelder für ME/CFS in Deutschland. Für mich als Vater eines (damals) 18-jährigen Patienten war das unfassbar: Da gibt es eine schwere Krankheit, ca. 60 % der Patient:innen sind dadurch arbeitsunfähig und niemanden interessiert es. Noch immer speisen Ärzt:innen an ME/CFS-erkrankte Patient:innen mit Verlegenheitsdiagnosen ab, wie z. B. psychosomatische Erkrankung – und das passiert selbst an Unikliniken!“ Für die Betroffenen kann eine entsprechende Fehldiagnose dramatische Folgen haben, kritisiert Heydecke. “Erst durch Long-COVID wurden diese Erkrankungen als relevantes Problem erkannt. Inzwischen gibt es sogar erste Forschungsmittel auf Bundes- und Länderebene. Das ist ein Anfang, jedoch noch lange nicht ausreichend.

Die ME/CFS Research Foundation ist die größte Organisation für spendenfinanzierte ME/CFS Forschungsförderung in Deutschland. Unser Fokus liegt auf der Förderung biomedizinischer Forschung durch Finanzierung von Forschungsvorhaben, Vernetzung von Forschenden und Schaffung von Transparenz über den Stand der Forschung.

Dabei arbeiten wir eng zusammen mit den Patient:innenorganisationen für ME/CFS und Long-COVID, die sich seit langem für eine Verbesserung der Situation engagieren. Diese sind v.a. aktiv in den Bereichen öffentliche Aufmerksamkeit, Selbsthilfe für Betroffene und Angehörige, Fortbildung von Ärzt:innen und politisches Engagement:
• Deutsche Gesellschaft für ME/CSF: www.mecfs.de
• Long Covid Deutschland: www.longcoviddeutschland.org
• Fatigatio e. V. – Bundesverband ME/CFS: www.fatigatio.de

Wir kooperieren auch mit anderen Stiftungen im Bereich ME/CFS Forschung, z.B.:
• gemeinnützige Weidenhammer Zöbele Stiftung
• Lost Voices Stiftung: www.lost-voices-stiftung.org
• We&ME Foundation (Österreich): www.weandmecfs.org
• Open Medicine Foundation (USA): www.omf.ngo

Darüber hinaus gibt es noch eine Vielzahl von ME/CFS Initiativen, die sich v.a. für mehr öffentliche und politische Aufmerksamkeit engagieren. Diese sind i.d.R. informeller organisiert und leisten, neben den Patient:innenorganisationen, ebenfalls wichtige unterstützende Arbeit.

Wir sind formell eine gemeinnützige Gesellschaft mit beschränkter Haftung (gGmbH). Das ist eine für unsere Zwecke flexiblere Rechtsform als die Stiftung bürgerlichen Rechts. Hinsichtlich der Zweckbindung unserer Aktivitäten, Spendenfähigkeit, Gemeinnützigkeit bestehen jedoch keine nennenswerten Unterschiede zu einer Stiftung.  Auch viele andere sog. „Stiftungen“ in Deutschland sind formell ebenfalls keine Stiftung bürgerlichen Rechts.

Das Gemeinnützigkeitsrecht und unsere Satzung beschränken die Verwendung der Mittel auf die in der Satzung definierten, ausschließlich gemeinnützigen Zwecke: „Förderung von Wissenschaft und Forschung sowie des öffentlichen Gesundheitswesens und der öffentlichen Gesundheitspflege …“ mit dem Schwerpunkt ME/CFS. Alle Spenden an die gGmbH dürfen ausschließlich für diese Zwecke verwendet werden.

Informationen zum Forschungsstand ME/CFS

Der medizinische ME/CFS Forschungsstand liegt im Vergleich zu anderen, ähnlich häufigen Krankheiten ca. 40 Jahre zurück (Quelle 1). Es gibt keinen spezifischen Biomarker und die Entstehung der Krankheit (Pathogenese) ist unklar. Bis 2021 wurde die gesamte deutsche Forschung an ME/CFS privat finanziert. Weder etablierte Forschungsförderer wie die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG), noch Pharma Unternehmen haben bisher ME/CFS Forschung in Deutschland unterstützt. International ist die Situation vergleichbar schlecht.

Es gibt in Deutschland bisher nur zwei ME/CFS Ambulanzen (Berlin und München). Erst seit 2021/22 wurden grundlegende, aber noch zu wenige Forschungs-Strukturen geschaffen (vgl. „Welche konkreten Forschungsstrukturen für ME/CFS bestehen in Deutschland?“). Hauptgründe für die mangelnde Forschung sind v.a. fehlende Gelder und dadurch nicht vorhandenes Forscher-Interesse (sowohl in der Grundlagen- als auch in der klinischen Forschung), mangelndes Interesse der Pharma Industrie aufgrund fehlender Biomarker und Grundlagenforschung, geringe Bekanntheit der Krankheit und somit fehlende politische Aufmerksamkeit – ein „Teufelskreis“ der Inaktivität.

Öffentliche Fördergelder sind erst angesichts von Pandemie und Long-COVID Problematik initiiert worden. Seit 2021 bis 2023 sind insgesamt 15 Mio. EUR vom BMBF (Bundesministerium für Bildung und Forschung) und 4 Bundesländern in die ME/CFS Forschung geflossen (Quelle 2). Das BMBF hat im Sept.23 eine ME/CFS Forschungsförderung von weiteren 15 Mio. EUR für 2024-26 angekündigt (Quelle 3). Insgesamt hat sich mit Beginn der öffentlichen Förderung seit 2022 die Anzahl laufender ME/CFS Forschungsprojekte deutlich erhöht (ausgehend von sehr niedrigem Niveau). Vor allem findet seitdem auch mehr klinische Forschung statt. Diese ist pro Projekt sehr viel aufwändiger als Grundlagenforschung. 

Zum Vergleich: in den Niederlanden wurde bereits 2021 eine öffentliche Förderung der ME/CFS Forschung in Höhe von 3m EUR p.a. beschlossen (Quelle 4). Hochgerechnet auf Deutschland entspräche das einem öffentlichen Forschungsbudget von 30 Mio. EUR p.a. (die bisherigen o.g. Mittel entsprechen ca. 8-10 mio. EUR p.a.). Patientenorganisationen haben im „Nationalen Aktionsplan für ME/CFS und das Post-COVID-Syndrom“ einen Bedarf von 65 EUR p.a. (130m EUR über 24 Monate) ermittelt (Quelle 4). Eine sinnvolle Größenordnung dürfte in dieser Bandbreite, also 30-65m EUR p.a. liegen.

Quellen:

1: Artikel der Deutsche Gesellschaft für ME/CFS zum Rückstand der ME/CFS Forschung ggü. anderen, vergleichbar häufigen Krankheiten: https://www.mecfs.de/die-me-cfs-forschung-ist-ca-40-jahre-im-rueckstand/

2: Summe der öffentlichen ME/CFS Forschungsförderung durch BMBF und die 4 Bundesländer Bayern, Thüringen, Baden-Württemberg, Niedersachsen, Stand August 2023 (Analyse der ME/CFS Research Foundation, die sich mit den von Prof. Uta Behrends genannten Zahlen auf dem ME/CFS Symposium Mai 2023 deckt, vgl. die Präsentationen von U.Behrends und J.Heydecke http://mecfs-research.org/mecfs-symposium2023/).

3: Vgl. dazu unsere Einordnung und Kommentierung der BMBF Ankündigung: https://mecfs-research.org/bmbf-researchfunding-sep23/ (inkl. Links zur Ankündigung und Ausschreibung)

3. Empfehlung des NL Gesundheitsrates: https://www.gezondheidsraad.nl/documenten/adviezen/2018/03/19/me-cvs

4: Die Deutsche Gesellschaft für ME/CFS und Long COVID Deutschland haben einen „Nationalen Aktionsplan für ME/CFS und das Post-COVID-Syndrom“ ausgearbeitet, der sich an die Bundesregierung richtet: https://www.mecfs.de/aktionsplan/ und https://longcoviddeutschland.org/aktionsplan/

Die wenigen deutschen ME/CFS-Forschungsvorhaben wurden lange nur privat finanziert. Die COVID-19-Pandemie bzw. die nachfolgende Welle an Post-COVID-Betroffenen hat seit 2020/21 mehr Aufmerksamkeit für post-infektiöse, chronische Krankheitsbilder erzeugt – in der Medizin und auch in der Politik und breiten Öffentlichkeit. So gibt es seit 2021 endlich auch öffentliche Forschungsförderung – auf Bundes- und Landesebene (bisher in 4 von 16 Bundesländern). Insbesondere durch die Förderung des BMBF (Bundesministerium für Bildung und Forschung) sowie des BMG (Bundesministerium für Gesundheit) konnten in Verbindung mit der Förderung aus Bayern folgende grundlegenden Forschungsstrukturen und Verbünde geschaffen werden:

  • Das ME/CFS Register und die ME/CFS Biobank in denen Patient:innen mit vollständiger klinischer Diagnose erfasst werden und aus denen andere Forschungsvorhaben geeignete Kohorten auswählen können (mehr dazu hier);
  • Das Verbundvorhaben IMMME (Immune Mechanisms of ME/CFS) in dem Forschende mehrerer Universitäten und Forschungszentren Grundlagenforschung betreiben (mehr dazu hier und hier);
  • Die NKSG (Nationale Klinische Studiengruppe), die wichtige Strukturen und Projekte der klinischen Forschung (Biomarker, Diagnostik, Therapiestudien) etabliert und vernetzt (mehr dazu hier und hier und hier);
  • Das BAYNET FOR ME/CFS (Bayerisches Netzwerk zur Erforschung von ME/CFS), in dem erstmalig alle 6 bayerischen Universitätskliniken in einem gemeinsamen Vorhaben zur ME/CFS-Versorgungs- und Diagnostikforschung vereint wurden (mehr dazu hier und hier);
  • Das Vorhaben ME/CFS Kids Bavaria des MRI Chronische Fatigue Centrum (MCFC), in dem neben dem MRI TUM verschiedene Partner kooperieren, um die Versorgung von Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit ME/CFS zu verbessern (mehr dazu hier).

Seit Februar 2024 stellt die ME/CFS Research Foundation mit dem ME/CFS Research Register (beta) eine systematische Übersicht der Forschungslandschaft zur Krankheit ME/CFS (Myalgische Enzephalomyelitis / Chronisches Fatigue-Syndrom) öffentlich zur Verfügung. Das Register liefert einen Überblick der wichtigsten Forschungsarbeiten – von aktuellen Projekten über Publikationen und Arbeitsgruppen bis hin zu wissenschaftlichen Veranstaltungen wie z.B. Konferenzen.

Der Scope des Registers (derzeit sind Deutschland und Österreich abgedeckt) wird zukünftig um weitere Länder erweitert. Ergänzend wird die ME/CFS Research Foundation regelmässig Analysen und Berichte zur ME/CFS Forschung veröffentlichen.

Mit dem ME/CFS Forschungs-Update berichten wir über die laufende Forschung, um Betroffenen, Angehörigen und Interessierten einen Einblick in die aktuelle Forschungslandschaft zu geben.  

Alle Informationen und Links:
– ME/CFS Forschungs-Update: https://mecfs-research.org/researchupdate/
– Ankündigung ME/CFS Research Register: https://mecfs-research.org/mrr/
– Direkt zum ME/CFS Research Register (beta): https://mrr.mecfsresearch.org/

Weitere Informationen / FAQ zu anderen Themen finden Sie auf den jeweiligen Themenseiten (ganz unten):

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