Forschungs-Förderstrategie der ME/CFS Research Foundation

Bis Mitte 2024 fokussiert die Stiftung ihre Förderung auf den Erhalt und Ausbau der seit 2022 entstandenen ME/CFS-Forschungsnetzwerke in Deutschland.

Seit 2022 setzt sich die ME/CFS Research Foundation für mehr biomedizinische Forschung zu ME/CFS ein. Wir und viele andere Organisationen, Initiativen und Betroffene fordern v.a. mehr öffentliche Forschungsförderung. Denn seit Jahrzehnten wird an ME/CFS sehr viel weniger geforscht als an anderen Krankheiten, die ähnlich häufig oder auch seltener vorkommen. Das Interesse der pharmazeutischen Industrie ist entsprechend gering, Geld für klinische Studien in eine bislang unzureichend erforschte Erkrankung zu investieren. Als Folge gibt es bis heute keine ursächlichen Therapiemöglichkeiten für diese chronische und oft schwere Erkrankung.

Das ist nicht nur eine persönliche Tragödie für die inzwischen über 500.000 Betroffenen und deren Familien und Angehörige (Deutschland, Stand 2021). Von den Betroffenen kann die Mehrzahl nicht mehr am Arbeits-, Schul- bzw. Sozialleben teilnehmen. Fehlende Forschungsförderung für ME/CFS ist auch ein gesamtgesellschaftspolitisches Problem von großer Dimension. Denn über 500.000 Betroffene kosten nicht nur die Gesundheits- und Sozialsysteme viel Geld. Sie werden auch dringend benötigt an den Arbeitsplätzen, in ihren Familien und in ihrem sozialen Umfeld oder können keine Ausbildung absolvieren. Betroffene Kinder und Jugendlichen sind oftmals zu krank um einen Schulabschluss zu erwerben.

Mehr finanzielle Förderung für die ME/CFS-Forschung wird bessere Diagnostik und Therapieoptionen schaffen. Damit könnten die Betroffenen wieder am normalen Leben teilhaben. Als ME/CFS Research Foundation sind wir davon überzeugt und setzen uns genau dafür ein. 


Wir möchten heute unsere übergreifende Zielsetzung als forschungsfördernde Organisation konkreter und damit transparenter machen. Denn unsere Arbeit braucht viel Geld und Engagement, welches wir nur mit vielen Spenden und hohem Vertrauen der Betroffenen, der Spendenden, der wissenschaftlichen Gemeinschaft und der Öffentlichkeit erzielen können. 

Dafür erläutern wir heute unsere Forschungs-Förderstrategie:

Förderstrategie – Phase 1: Seit der Gründung der ME/CFS Research Foundation haben wir uns, neben dem Aufbau der Organisation selbst, zunächst auf die Vernetzung der Forschenden konzentriert. Unter anderem wurde die ME/CFS Fachkonferenz an der Charité im Mai 2023 von uns mit organisiert und finanziert. Über 60 internationale Forschende haben ihre aktuellen Projekte dort einem Fachpublikum von über 400 Teilnehmenden vorgestellt und diskutiert. Gemeinsam mit dem Team des Charité Fatigue Centrums (CFC) werden wir diese Konferenz zu einer jährlichen Vernetzungs-Veranstaltung und als festen Referenzpunkt der ME/CFS-Forschung, in Deutschland und international, weiterentwickeln. 

Ergänzend haben wir Betroffene und die Öffentlichkeit in allgemeinverständlicher Sprache und auf Deutsch über den Stand der Forschung in Deutschland informiert. Dafür haben wir im Anschluss an die Konferenz, und in enger Zusammenarbeit mit dem CFC, am 12. Mai 2023, dem internationalen ME/CFS Awareness Day, ein ME/CFS Symposium unterstützt und dieses finanziert. Die Anmeldungen zum Livestreaming des Symposiums haben unsere Erwartungen und die damals bereitgestellten technischen Ressourcen weit überschritten. Ein großer Erfolg und ein klares Zeichen für das immense Interesse von Betroffenen und Öffentlichkeit an aktuellen Informationen zur ME/CFS-Forschung. Wir erarbeiten aktuell neue digitale Formate, um diesem großen Interesse in Zukunft besser gerecht zu werden.

Die wissenschaftliche Verankerung unserer Organisation und die enge Verzahnung mit führenden ME/CFS-Forschenden konnten wir vor kurzem mit Bekanntgabe des wissenschaftlichen Beirats der ME/CFS Research Foundation nochmals unterstreichen. Dieser Beirat wird die Foundation bei der Ausrichtung und Priorisierung der zukünftigen direkten Forschungsförderung, d. h. bei den Entscheidungen über die Vergabe von Fördermitteln an einzelne Projektvorhaben, beraten und unterstützen. 


Über die wissenschaftliche Vernetzung hinaus – welche konkreten Forschungsvorhaben sollen in Zukunft durch die Foundation gefördert werden?

Vorab etwas Hintergrund-Information: Wie auf dem ME/CFS Symposium erläutert wurden die wenigen Projektvorhaben in der ME/CFS-Forschung in Deutschland lange nur privat finanziert. Die COVID-19-Pandemie bzw. die nachfolgende Welle an Post-COVID-Betroffenen hat seit 2020/21 mehr Aufmerksamkeit für post-infektiöse, chronische Krankheitsbilder erzeugt – in der Medizin und auch in der Politik und breiten Öffentlichkeit. So gibt es seit 2021 endlich auch öffentliche Forschungsförderung – auf Bundes- und Landesebene (bisher in 4 von 16 Bundesländern). Insbesondere durch die Förderung des BMBF (Bundesministerium für Bildung und Forschung) sowie des BMG (Bundesministerium für Gesundheit) konnten in Verbindung mit der Förderung aus Bayern folgende grundlegenden Forschungsstrukturen und Verbünde geschaffen werden:

  • Das ME/CFS Register und die ME/CFS Biobank in denen Patient:innen mit vollständiger klinischer Diagnose erfasst werden und aus denen andere Forschungsvorhaben geeignete Kohorten auswählen können (mehr dazu hier);
  • Das Verbundvorhaben IMMME (Immune Mechanisms of ME/CFS) in dem Forschende mehrerer Universitäten und Forschungszentren Grundlagenforschung betreiben (mehr dazu hier und hier);
  • Die NKSG (Nationale Klinische Studiengruppe), die wichtige Strukturen und Projekte der klinischen Forschung (Biomarker, Diagnostik, Therapiestudien) etabliert und vernetzt (mehr dazu hier und hier und hier);
  • Das BAYNET FOR ME/CFS (Bayerisches Netzwerk zur Erforschung von ME/CFS), in dem erstmalig alle 6 bayerischen Universitätskliniken in einem gemeinsamen Vorhaben zu ME/CFS-Versorgungs- und Diagnostikforschung vereint wurden (mehr dazu hier und hier);
  • Das Vorhaben ME/CFS Kids Bavaria des MRI Chronische Fatigue Centrum (MCFC), in dem neben dem MRI TUM verschiedene Partner kooperieren, um die Versorgung von Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit ME/CFS zu verbessern (mehr dazu hier).

Die wichtige, erstmals so in Deutschland geschaffene klinische Studienplattform NKSG ist bisher jedoch nur bis Ende 2023 finanziert. Für die Fortführung dieses innovativen Ansatzes, der klinische Studien mit Biomarker- und Diagnostikforschung verbindet, wird aktuell mit dem BMBF verhandelt. Die weitere Finanzierung ist bisher nicht gesichert.


Anmerkung: die vom Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach im Juli angekündigten 40 Mio.€ für die Forschungsförderung im Rahmen des Long- COVID-Programms sind für Versorgungsforschung (nicht Grundlagen- oder klinische Studien) vorgesehen. Versorgungsforschung ist für die Ausgestaltung von Versorgung und die spätere Anerkennung durch Krankenkassen ein sehr wichtiger Aspekt. Diagnoseforschung (z.B. Biomarker) und Therapien werden jedoch im Rahmen von translationaler Grundlagenforschung und klinischen Studien untersucht. Diese Forschungsarten sind nicht Bestandteil der Förderung des BMG (Bundesministerium für Gesundheit). Die Budgets dafür liegen in der Verantwortung des BMBF.

Update 13.Sept.2023: das BMBF hat eine zusätzliche ME/CFS Forschungs-Förderrichtlinie mit einem Budget von 15 Mio.€ ab 2024 für 3 Jahre angekündigt (siehe dazu unsere Einordnung und Kommentierung).


Förderstrategie – Phase 2: Als ME/CFS Research Foundation werden wir, wie mit dem wissenschaftlichen Beirat abgestimmt, unsere Forschungsförderung zunächst bis Mitte 2024 auf den Erhalt der oben genannten Forschungsstrukturen der ME/CFS Grundlagenforschung und klinischer Studien (NKSG und IMMME) konzentrieren. Vermutlich werden wir kurzfristig kaum den vollen jährlichen Finanzierungsbedarf dieser Vorhaben aufbringen können. Die uns bis Ende 2023 zur Verfügung stehenden Finanzmittel werden wir dafür einsetzen, diese essentiellen Strukturen und Vorhaben so weit wie möglich finanziell abzusichern. In Rücksprache mit den verantwortlichen Forschenden können dabei punktuell auch neue Projekte gefördert werden, die auf diesen Strukturen und Projekten aufbauen und mit ihnen eng vernetzt sind. Denn neben der Fortführung der begonnenen Vorhaben streben wir langfristig eine Erweiterung der Themen und Erhöhung der Anzahl von ME/CFS-Forschungsvorhaben sowie ME/CFS-Forschenden an.


Förderstrategie – Phase 3: Sobald eine nachhaltige öffentliche Förderung der oben genannten wichtigen Strukturen und Projekte sichergestellt ist, werden wir unsere Förderung auch für andere Projekte öffnen. Wir gehen aktuell davon aus, dass bis Mitte 2024 diese Rahmenbedingungen klarer sind. Unsere Förderstrategie wird sich dem entsprechend an die aktuellen politischen Rahmenbedingungen auf Ebene von Bund und Ländern anpassen.

In der Zeit bis dahin werden wir gemeinsam mit dem wissenschaftlichen Beirat ein erweitertes Förderprogramm für ME/CFS-Forschungsprojekte erarbeiten. Dieses Förderprogramm definiert den Prozess, wie sich Forschende in Zukunft bei der ME/CFS Research Foundation für Projektförderung bewerben können. Dafür werden wir klare Auswahlkriterien für die Förderung benennen. Diese werden sich an den Projektanforderungen orientieren, die im „Leitfaden zur Erforschung und Versorgung von ME/CFS und Post-COVID-Syndrom“ von den Patientenorganisationen Deutsche Gesellschaft für ME/CFS und Long COVID Deutschland erarbeitet wurden und von vielen anderen Organisationen, so auch von der ME/CFS Research Foundation, unterstützt werden.

Wir streben an, unsere Projektförderung im Mai 2024 auf der nächsten ME/CFS-Fachkonferenz und dem öffentlichen Format der Veranstaltung vorzustellen und ab Mitte 2024 Förderanträge entgegenzunehmen. Auf dem Weg dahin werden wir die Zusammenarbeit mit anderen Stiftungen und Initiativen aus dem Bereich der ME/CFS-Forschungsförderung weiter ausbauen.


Förderstrategie – Phase 4: Sobald die Phasen 1 bis 3 erfolgreich abgeschlossen wurden und, erste Erfahrungen gesammelt wurden  und die Strukturen und Prozesse für die Förderung von ME/CFS-Forschungsvorhaben in Deutschland etabliert sind, wird sich die ME/CFS Research Foundation auch der Förderung von internationalen Forschungsvorhaben zuwenden. Unser langfristiges Ziel ist mit internationalem Fundraising auch den Auf- und Ausbau der europäischen ME/CFS-Forschung zu unterstützen. 

Letztlich zielt unser gesamtes Engagement darauf ab, dass durch die von uns und weiteren Initiativen angeschobenen Projekte und Vorhaben der Anschluss des ME/CFS-Forschungsstandes zu anderen Erkrankungen gelingt. Dadurch soll Forschenden die Voraussetzung gegeben werden mehr Fördermittel durch die öffentliche Hand (Bund und Länder) und durch etablierte Institutionen der Forschungsförderung (z. B: die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG)) zu erhalten. In diesem Zusammenhang muss vor allem auch die pharmazeutische Industrie die großen Chancen einer angemessenen Investition in klinische Studien zu ME/CFS erkennen, mit dem Ziel ursächliche Therapien zu entwickeln. 


Zusammengefasst besteht unsere Forschungs-Förderstrategie also aus diesen Komponenten:

  • Phase 1: Förderung der internationalen Vernetzung von ME/CFS Forschenden (ME/CFS Fachkonferenzen und öffentliche Veranstaltungen in Kooperation mit CFC und MCFC)
  • Phase 2: Unterstützung zum Erhalt der seit 2022/23 geschaffenen zentralen Forschungsverbünde und -strukturen in Deutschland (v.a. NKSG, IMMME, ME/CFS Register & Biobank)
  • Phase 3: Weiterentwicklung bestehender Strukturen (v.a. NKSG, IMMME, ME/CFS Register & Biobank) und Erweiterung um neue Themen und Förderung einzelner Projektvorhaben
  • Phase 4: Ausweitung von Fundraising und Förderung von Projektvorhaben in anderen EU-Ländern, in der Voraussicht und Erwartung auf zeitnahe und nachhaltige Übernahme der Förderverantwortung in Deutschland durch Politik, etablierte Forschungsförderer und die pharmazeutische Industrie

Wie kann man die Arbeit der ME/CFS Research Foundation unterstützen?

Vor uns liegt noch ein weiter Weg bis Diagnose, Versorgung und Therapie von ME/CFS Betroffenen eines Tages medizinischer und sozialer Standard werden. Wir als ME/CFS Research Foundation fokussieren uns auf die biomedizinische Forschung, in der wir das Schlüsselelement zur Lösung dieser Probleme sehen. Dafür brauchen wir umfassende Unterstützung von privaten Spendenden – Betroffene, Angehörige, Familien, Freunde, Vereine, Schulen, Netzwerke, Unternehmen, Initiativen, Veranstaltende und alle Unterstützenden. Und wer nicht direkt fördern kann, kann unsere Story teilen und so andere motivieren zu helfen. Denn nur gemeinsam ist so ein Kraftakt möglich.

Wir überführen Spenden und sonstige Unterstützung vollständig in wissenschaftlich exzellente Forschung, Vernetzung und schließlich sichtbare Erfolge, d.h. bessere Diagnostik und Therapien. Dabei arbeiten wir mit anderen Organisationen und Initiativen gerne zusammen – kommen Sie auf uns zu! 

Wir freuen uns über jede Unterstützung!

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