Erste Modellstation für schwerbetroffene Kinder und Jugendliche in München wird mitgefördert durch die ME/CFS Research Foundation

Im September 2023 ist das Forschungsprojekt Post-COVID Kids Bavaria 2.0 des Klinikums rechts der Isar der Technischen Universität München (MRI TUM) gestartet. Das Projekt wird von Prof. Dr. Uta Behrends, Leiterin des Münchner Chronische Fatigue Zentrum (MCFC) für junge Menschen am Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin in München-Schwabing koordiniert und vom Bayerischen Staatsministerium für Gesundheit und Pflege mit 1,23 Mio. Euro gefördert.

Das Zentrum für Kinder und Jugendmedizin ist eine Kooperation des MRI TUM und der München Klinik (MüK) gGmbH. Die ME/CFS Research Foundation gehört zu den privaten Co-Finanzierenden dieses breit angelegten Vorhabens. Dabei fördern und ermöglichen wir mit unserem Beitrag insbesondere die Realisierung folgender Teilprojekte:

  • den Aufbau einer Modellstation (Klinik) für die umfassende Versorgung schwerkranker junger Kinder, Jugendlicher und junger Erwachsener mit Post-COVID-Syndrom, Post-VAC-Syndrom und ME/CFS
  • die Pilotierung von lotsengesteuerten, telemedizinischen und aufsuchenden Behandlungsmodulen für die Schwerstbetroffenen
  • die Identifikation und Evaluation potenzieller Biomarker für die Präzisionsdiagnostik

Menschen mit schwerem ME/CFS werden bisher selten gezielt in die biomedizinische Forschung miteinbezogen, da es ihnen in der Regel nicht möglich ist, gewöhnliche Termine in ambulanten Sprechstunden wahrzunehmen. Hausbesuche für die Schwerstbetroffenen sind noch nicht ausreichend etabliert sowie sehr zeit- und kostenintensiv. Es gibt deshalb kaum Studienergebnisse aus der Grundlagen- oder klinischen Forschung zu dieser Patient:innengruppe, insbesondere nicht zu Kindern und Jugendlichen. 

Dieser weitgehend „blinde Fleck“ der Forschung sowie die gezielte Versorgung von jungen Menschen mit  Post-COVID-ME/CFS wird nun erstmals in Deutschland mit Hilfe einer spezialisierten, interdisziplinären Modellstation sowie telemedizinischen und aufsuchenden Versorgungsangeboten adressiert. Im Projekt team arbeiten Fachärzt:innen mit unterschiedlicher Spezialisierungen, Psycholog:innen, Physiotherapeut:innen, Ergotherapeut:innen, Sozialpädagog:innen, Pflegekräfte und Wissenschaftler:innen eng zusammen und stimmen das klinische und wissenschaftliche Vorgehen individuell auf die Symptome und die Belastbarkeit der jungen Betroffenen ab. 

Prof. Uta Behrends: „Wir sind sehr froh und dankbar dafür, dass wir uns mit diesem Projekt und vielen Partnern auf verschiedene, wichtige Aspekte der Versorgung und Erforschung von schwerem Post-COVID, Post-VAC und ME/CFS bei jungen Menschen konzentrieren könnenDie Modellstation bietet eine innovative, spezialisierte Anlaufstelle, wie wir sie uns für alle deutschen Bundesländer wünschen. Mit unseren verschiedenen Versorgungsformaten, Fortbildungs- und Schulungsangeboten sowie Einbindung des öffentlichen Gesundheitsdienstes möchten wir den Bedarfen schwer und schwerst betroffener Kinder, Jugendlicher und junger Erwachsenen optimal gerecht werden. Dabei ist uns ein ganzheitlicher Ansatz wichtig, der neben den medizinischen auch psychosoziale Aspekte, wie etwa Ausbildung und soziale Teilhabe, angemessen berücksichtigt. Wir erwarten von dem Projekt auch für die biomedizinische Forschung wichtige Impulse.


Ziele und Ablauf des Gesamtprojektes:

Für junge Menschen mit schweren Langzeitfolgen einer Coronaviruserkrankung 2019 (COVID-19) (post-COVID-Syndrom) oder sehr seltenen Folgenerkrankungen einer COVID-19-Impfung (Post-VAC-Syndrom) gibt es weiterhin nur ungenügende Diagnostik- und Versorgungsangebote. Das gilt insbesondere für diejenigen, die nach COVID-19 an Myalgischer Enzephalomyelitis/Chronischem Fatigue-Syndrom (ME/CFS) leiden. Der Bedarf für eine gezielte medizinische Versorgung dieser Patient:innen ist jedoch enorm. Die Teilhabe am sozialen Leben und die Lebensqualität der Betroffenen sind oft erheblich beeinträchtigt. 

Das Modellprojekt Post-COVID Kids Bavaria 2.0 soll die Versorgung schwer betroffener Kinder, Jugendlicher und sehr junger Erwachsener in Bayern bedarfsgerecht weiterentwickeln und verstetigen. Das Projekt baut dabei auf den Vorläuferprojekten Post-COVID Kids Bavaria 1.0 sowie BAYNET for ME/CFS und den darin etablierten Netzwerken von Kliniken und Forschungsinstituten auf. Das innovative Vorhaben integriert verschiedene Teilprojekte zur biomedizinischen und Versorgungsforschung. 

Der Aufbau einer Modellstation in Kombination mit aufsuchenden und telemedizinischen Behandlungsmodulen, digitalen Expertenboards und Schulungsangeboten ist ein außerordentlich innovativer Ansatz, um die Betroffenen umfassend zu versorgen und ihre Krankheit im Versorgungskontext zu erforschen. Zudem werden in dem Projekt diagnostische und therapeutische Standards weiterentwickelt und konsentiert. Das wachsende „Multizentrische Long COVID Register“ (MLCR) schafft ein wichtiges Netzwerk für die gemeinsame, standardisierte und flächendeckende Erforschung der Krankheitsbilder. Ein weiteres Teilprojekte erforscht potenzielle Biomarker für die Präzisionsdiagnostik, so beispielsweise die Zellverformbarkeit oder die Veränderung von Gefäßen im Augenhintergrund. Schließlich liefert das Projekt zudem eine sektorübergreifende Analyse der Versorgungsstrukturen für zwei bayerische Modellregionen und adressiert dabei explizit auch den öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD). 

Die Laufzeit des Gesamtprojekts ist zunächst bis Ende 2024 geplant. Ziel ist es, mit den Ergebnissen wichtige Grundlagen für die zukünftige Diagnostik und Therapie von jungen Patient:innen mit schweren post-Infektionssyndromen (PAIS) und ME/CFS sowie die Erforschung dieser Krankheitsbilder in ganz Deutschland und international zu etablieren.


Warum fördern wir dieses Projekt?

Die oben beschriebenen Teilprojekte erfüllen die in der Förderstrategie der ME/CFS Research Foundation definierten Ziele. Die inhaltlichen Schwerpunkte und Forschungsziele entsprechen den im Leitfaden zur Erforschung und Versorgung von ME/CFS und Post-COVID-Syndrom (Herausgeber Deutsche Gesellschaft für ME/CFS und Long COVID Deutschland) für ME/CFS identifizierten Prioritäten für die Grundlagen- und Diagnostikforschung sowie Versorgung, die von der ME/CFS Research Foundation unterstützt werden.

Von zentraler Bedeutung ist die gezielte Berücksichtigung der schwer und schwerst Erkrankten, deren Versorgung und Erforschung besonders aufwendig ist und deshalb im Rahmen bisheriger Versorgungsstrukturen und Forschungsprojekte häufig vernachlässigt wird. Im geförderten Projekt werden erstmals gezielt auch Bioproben von hausgebundener Patient:innen für die Forschung gewonnen und an das vom Bundesministerium für Gesundheit geförderte, ebenfalls vom MCFC koordinierte Vorhaben ME/CFS Register und Biobank angebunden. 

Jörg Heydecke: „Als Prof. Uta Behrends in einem Gespräch Ende 2022 das erste Mal Ihre Idee einer Post-COVID- und ME/CFS-Modellstation erläuterte, war ich sofort begeistert. Ich dachte, das könnte ein Pilotprojekt für ME/CFS-Versorgung und -Forschung gleichzeitig werden. Auf Basis der zu erprobenden Abläufe und Strukturen können Kosten- und Versorgungsmodelle erarbeitet werden, die später verlässliche Planungen solcher Angebote auch für andere Kliniken möglich machen. Als private Stiftung begrüßen wir die Hauptfinanzierung durch das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege und freuen uns gleichzeitig sehr, über unsere Spendeneinnahmen wichtige Beiträge zum Erfolg des Projekts leisten zu können. Wir sind sehr gespannt auf die Ergebnisse dieses äußerst innovativen und so dringend benötigten Vorhabens.“


Was sind die nächsten Schritte?

Das Projekt ist vielversprechend gestartet und die Modellstation im Aufbau. Alle Berufsgruppen sind an Board. Für Mitte des Jahres ist ein Umzug der Station in neue Räumlichkeiten mit erweiterter Bettenzahl geplant. 

Für Post-COVID, Post-Vac und ME/CFS gibt es, Stand heute, weder eine zugelassene Behandlung, noch konnten die Krankheitsmechanismen bisher ausreichend aufgeklärt oder Biomarker zur Diagnose in die klinische Praxis überführt werden. Wir freuen uns daher sehr, im Rahmen dieses Förderprojekts einen wichtigen Beitrag zur Diagnostik und Versorgung von betroffenen Kindern, Jugendlichen und sehr jungen Erwachsenen, insbesondere den Schwersterkrankten, leisten zu können. 

Zur Eröffnung der erweiterten Modellstation und dem weiteren Verlauf dieses wichtigen Vorhabens Projekts wird die ME/CFS Research Foundation berichten.


Wie kann man die Arbeit der ME/CFS Research Foundation unterstützen?

Vor uns liegt noch ein weiter Weg bis Diagnose, Versorgung und Therapie von ME/CFS Betroffenen eines Tages medizinischer und sozialer Standard werden. Wir als ME/CFS Research Foundation fokussieren uns auf die biomedizinische Forschung, in der wir das Schlüsselelement zur Lösung dieser Probleme sehen (mehr dazu in unserer Förderstrategie und im Halbjahresbericht, der unsere Aktivitäten zusammenfasst). Dafür brauchen wir umfassende Unterstützung von privaten Spendenden – Betroffene, Angehörige, Familien, Freunde, Vereine, Schulen, Netzwerke, Unternehmen, Initiativen, Veranstaltende und alle Unterstützenden. Und wer nicht direkt fördern kann, kann unsere Story teilen und so andere motivieren zu helfen. Denn nur gemeinsam ist so ein Kraftakt möglich.

Wir überführen Spenden und sonstige Unterstützung vollständig in wissenschaftlich exzellente Forschung, Vernetzung der Forschenden und schließlich sichtbare Erfolge, d.h. bessere Diagnostik und Therapien. Dabei arbeiten wir mit anderen Organisationen und Initiativen gerne zusammen – kommen Sie auf uns zu!

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