Gesellschaftliche Kosten durch Long COVID und ME/CFS stark unterschätzt – 63 Milliarden Euro allein in 2024

Eine neuer Bericht der ME/CFS Research Foundation und Risklayer hat gesellschaftliche Gesamtkosten in Höhe von 63 Milliarden Euro pro Jahr (Stand 2024) ermittelt, die in Deutschland bisher durch die Krankheiten Long COVID und ME/CFS entstanden sind.

Hamburg, 12. Mai 2025


Anlässlich des Internationalen ME/CFS-Tags am 12. Mai haben die ME/CFS Research Foundation und das Risklayer (Unternehmen für Risikomodellierung) einen gemeinsamen Bericht veröffentlicht, der erstmals aktuelle Daten zur Häufigkeit und den gesellschaftlichen Kosten von Long COVID und ME/CFS (Myalgischer Enzephalomyelitis / Chronischem Fatigue-Syndrom) in Deutschland ermittelt hat. Die Studie beziffert die jährlichen gesellschaftlichen Gesamtkosten durch Long COVID und ME/CFS in Deutschland auf rund 63,1 Milliarden Euro – Stand 2024. Das entsprach etwa 1,5 % des Bruttoinlandsprodukts. Die Gesamtkosten seit Beginn der Pandemie (2020-2024) summieren sich laut Bericht auf über 250 Milliarden Euro.


Über 1,5 Millionen Betroffene in Deutschland

Laut der Studie gab es zum Dezember 2024 rund 871.000 aktive Long COVID- und 650.000 ME/CFS-Fälle in Deutschland. Insgesamt sind mehr als 1,5 Millionen Menschen in Deutschland von diesen schweren Multisystemerkrankungen betroffen, die bislang mangels hinreichender Forschung nicht ursächlich therapierbar sind. Beide Erkrankungen führen häufig zu dauerhaften Funktionseinschränkungen und Erwerbsunfähigkeit.

Persönliche Schicksale und volkswirtschaftlicher Schaden

Long COVID und ME/CFS ziehen für viele Betroffene den Verlust von Alltag, Beruf und sozialer Teilhabe nach sich. Auch junge Menschen können ihre Ausbildung oft nicht mehr fortsetzen. Pflegende Angehörige übernehmen einen Großteil der Versorgung unter großer Belastung. Auf gesellschaftlicher Ebene entstehen erhebliche Kosten: für medizinische Versorgung, Pflege, Arbeitsausfälle, Sozialleistungen, entgangene Steuereinnahmen ud Kaufkraftverluste. Unternehmen, in denen Beschäftigte an Long COVID oder ME/CFS erkrankt sind, erleiden Produktivitätsverluste.

Infektionsgeschehen unterschätzt – Zahl der Erkrankungen nimmt weiter zu

Obwohl die Pandemie seit April 2023 offiziell als überwunden gilt, zeigt der Bericht mithilfe innovativer Messmethoden und Datenerhebung: SARS-CoV-2 zirkulierte auch 2024 in mehreren Infektionswellen. Dieses „versteckte“ Infektionsgeschehen hat weiterhin zur Entstehung neuer Long COVID- und ME/CFS-Fälle beigetragen. Ein Rückgang derKrankheitszahlen ist nicht absehbar.

Forschungsausgaben stehen in keinem Verhältnis zum Schaden

Jörg Heydecke, Geschäftsführer der ME/CFS Research Foundation und Co-Autor der Studie, mahnt: 
Dem errechneten Schaden von 63 Milliarden Euro stehen derzeit nur ca. 15-20 Millionen Euro jährlich an öffentlicher Förderung für Diagnostik- und Therapieforschung gegenüber. Das ist weder medizinisch noch ökonomisch zu rechtfertigen. Ein gezielter und nachhaltiger Ausbau der biomedizinischen Forschung könnte schon in wenigen Jahren erhebliche Kosten vermeiden – und hunderttausenden Betroffenen neue Lebens- und Arbeitsperspektiven ermöglichen.“


Ziel der Studie: Debatte anstoßen, Forschung und Versorgung verbessern

Mit dem Bericht und dem speziell entwickelten Datenmodell wollen die ME/CFS Research Foundation und Risklayer anlässlich des internationalen ME/CFS-Tags eine breite Debatte anstoßen: Wie kann das Gesundheitswesen, wie kann die Politik angemessen auf das wachsende Ausmaß postinfektiöser Erkrankungen reagieren? Klar ist: Die bisherigen Investitionen in Forschung reichen bei Weitem nicht aus.

Forderung der Wissenschaft: Klinische Forschung jetzt stärken

Prof. Dr. Carmen Scheibenbogen (Charité – Universitätsmedizin Berlin) betont:
Diese Zahlen zeigen, wie hoch der gesellschaftliche Schaden durch Long COVID und ME/CFS ist. Ohne wirksame Therapien bleiben die Kosten dauerhaft hoch. Aktuelle Forschungsergebnisse zeigen aber bereits erste Therapieerfolge und Perspektiven auf. Weitere Therapieansätze sollten schnellstmöglich klinisch erprobt werden. Wir benötigen dafür dringend mehr finanzielle Unterstützung, um so dringender, da in den USA leider versucht wird, die meisten Forschungsansätze und geplanten Therapiestudien zu stoppen. Entschlossene Investitionen in biomedizinische, v. a. klinische Forschung würden in wenigen Jahren wahrscheinlich für einen Teil der Betroffenen reale Heilungsperspektiven möglich machen.“

Über die Methodik der Studie

Die Studie baut auf Daten aus Notaufnahmen (DGINA), Intensivstationen (DIVI Register), Abwassermessungen (AMELAG) sowie internationalen Forschungsergebnissen auf. Das entwickelte Modell berechnet gesellschaftliche Schäden mit bewährten Methoden zur Katastrophenfolgenabschätzung – inklusive ökonomischer, medizinischer und sozialer Effekte. In den Bericht sind Patient*innen- und politische Perspektiven und Expert*innenmeinungen des Karlsruher Instituts für Technologie, der Australian National University, der University of Adelaide und der ME/CFS Research Foundation eingeflossen.

Versorgungsnotstand bei ME/CFS: Eine unhaltbare Situation

ME/CFS ist seit 1969 von der WHO anerkannt, wird jedoch in Deutschland bis heute weitgehend ignoriert. Die Diagnostik ist aufwendig, wirksame Therapien fehlen, symptomatische Medikamente werden selten verschrieben und kaum erstattet.

2024 existierten bundesweit nur sehr wenige spezialisierte ME/CFS-Ambulanzen. Viele Betroffene sind dauerhaft arbeitsunfähig oder pflegebedürftig. Ihre medizinische Versorgung und soziale Absicherung ist häufig prekär.


Alle Informationen und Daten der Studie (Deutsch und Englisch):


Wie kann man die Arbeit der ME/CFS Research Foundation unterstützen?

Vor uns liegt noch ein weiter Weg bis Diagnose, Versorgung und Therapie von ME/CFS Betroffenen eines Tages medizinischer und sozialer Standard werden. Wir als ME/CFS Research Foundation fokussieren uns auf die biomedizinische Forschung, in der wir das Schlüsselelement zur Lösung dieser Probleme sehen (mehr dazu in unserer Förderstrategie und im Halbjahresbericht (Sommer 2024), der unsere Aktivitäten zusammenfasst). Dafür brauchen wir umfassende Unterstützung von privaten Spendenden – Betroffene, Angehörige, Familien, Freunde, Vereine, Schulen, Netzwerke, Unternehmen, Initiativen, Veranstaltende und alle Unterstützenden. Und wer nicht direkt fördern kann, kann unsere Story teilen und so andere motivieren zu helfen. Denn nur gemeinsam ist so ein Kraftakt möglich.

Wir überführen Spenden und sonstige Unterstützung vollständig in wissenschaftlich exzellente Forschung, Vernetzung der Forschenden und schließlich sichtbare Erfolge, d.h. bessere Diagnostik und Therapien. Dabei arbeiten wir mit anderen Organisationen und Initiativen gerne zusammen – kommen Sie auf uns zu!

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